Berlin mit FlixTrain 6/2019
im Mai entdeckte ich, dass es neben dem FlixBus auch einen FlixTrain von Düsseldorf nach Berlin gibt. Meine hochbetagten Eltern wollte ich im Alltag etwas zur Seite stehen. Und die Absicht war, statt mit dem Auto mit dem Zug + Fahrrad nach Berlin zu fahren. Das Fahrrad ist ein ideales Mittel um in einer Großstadt voran zu kommen. Jedenfalls in der wärmeren Jahreszeit. Wenn man das System des Flixauftritts im Internet verinnerlicht hat kommt man damit gut zurecht. Der Preis richtet sich wie auch beim großen Bruder DB nach der Auslastung des Zuges. Am „Pfingstfreitag“ und Pfingstmontag sind die Preise relativ hoch. Ich habe mich für die Hin und Rückfahrt an einen Samstag entschieden. Die Fahrt mit Sitzplatzreservierung kostete ca. 33 € zuzüglich 18 € für das Rad. Gebucht und App geladen Ticket nach Wallet, fertig. Ich bin schon des Öfteren in der Kombination Zug, Fahrrad + ich unterwegs gewesen. Und da gab es eine Situation, dass ich am falschen Ende des Zuges landete um mit dem Fahrrad einzusteigen. Aber die Zeit reichte nicht, um noch an das andere Ende des Zuges zu kommen. Der Zug fuhr dann ohne mich. Also wollte ich herausfinden wie denn die Wagenverteilung am Flixtrain ist. Im Internet: keine Chance. Ich kam dann auf die grandiose Idee einen Tag vorher mal zur Probe zum HBF Düsseldorf zu radeln und am lebenden Objekt herauszufinden wie es sich mit der Wagenverteilung verhält. Am Freitag vor Pfingsten war es so stürmisch, dass ich von D-Dorf Heerdt über die Rheinknie-Brücke Schwierigkeiten hatte mich gerade auf dem Rad zu halten geschweige denn voran zu kommen. Das Stück von der Brücke bis zum Bahnhof ist nichts für Angsthasen. Getestet habe ich mit Rad Rolltreppe rauf und runter. Im Fahrstuhl das Rad hochkant nehmen. Der Zug kam pünktlich und es stellte sich heraus, dass die Fahrräder in Wagen 8 untergebracht werden. Mein Sitzplatz war für Wagen 1 vorgesehen. So weit so gut. Ich wusste nun wie ich mich am folge Tag zu positionieren hatte. Auf dem Rückweg überraschte mich ein heftiger Schauer. Der führte mich zu der Erkenntnis, dass nicht jede Regenjacke diesen Namen verdient.
Das Mountainbike habe ich für den Berlin Einsatz etwas modifiziert. Für das 75er Faltschloss wurde ein Trinkflaschenhalter geopfert. Ein Rückspiegel stand eh schon auf der Wunschliste. Und Licht wurde montiert. Gepäckträger war keine Option für mich. Also musste alles in einen Rucksack, einer kleinen Umhängetasche und unter dem Sattel gab es noch einen KlickFix Behälter. Viel konnte ich nicht mitnehmen, dafür ist es wichtig, dass man am Ziel die Möglichkeit hat jeden zweiten Tag zu waschen.
Der Tag der Abreise war gekommen. Der Zug fuhr erst gegen 16:30 in Düsseldorf los. Auf den 22 Km bis zum Bahnhof hatte ich immer im Kopf, was ist, wenn mich jetzt eine Panne ereilt? Ist aber alles gut gegangen. Vor dem Bahnhof habe ich die Schuhe von Klick auf Timberland gewechselt. Auf dem Gleis angekommen teilt mir die Anzeigetafel mit, dass der Zug nicht von Gleis 15 sondern von Gleis 10 fahren würde. Gut, dass ich Rolltreppen fahren geübt hatte. Nur am Gleis 15, nicht am Gleis 10. Da hieß es tragen. Da ich gut vorbereitet war, befand ich mich gleich in der Nähe des richtigen Wagens. Da der Zug aus Köln kam waren von den Acht Stellplätzen schon Fünf belegt. Es bedarf schon etwas Geschick Fahrrad, Gepäck, Trinkflaschen, Fahrradschloß zu bändigen. Kontakte mit den anderen Rädern sich unausweichlich. So hieß es meinen reservierten Platz zu finden. Man erinnert sich, der war für Wagen Eins vorgesehen. Das hieß durch alle Acht Wagen in einem voll besetzten Zug mit Gepäck, Kinderwagen zugestellten Gängen zu durchqueren. Es gibt Herausforderungen die man nicht braucht. Der Firma Flix habe ich deutlich mitgeteilt, wer so etwas programmiert, dass bei Reservierung für Rad und Mensch Acht Wagons dazwischen zu tun, hat den Knall noch nicht gehört. Sie wollten ja meine Meinung haben. Haben sie auch bekommen. Die Marketingabteilung bei Flix ist der Realität weit voraus. Der versprochene Imbisswagen, WLAN, Steckdosen mit Strom drin, gab es noch nicht. Die umgebauten Wagons aus den 60zigern fuhren noch in der Farbe der Grundierung. Grün war nur die Lok. Aber trotzdem, Zug war pünktlich, nettes und hilfsbereites Personal mit Anflug von Humor. Das hat man auch nicht überall. In Berlin gab es drei Möglichkeiten auszusteigen. Spandau, HBF und Südkreuz. Obwohl Südkreuz am nächsten zu meinem Ziel war bin ich schon in Spandau ausgestiegen. Bei Nauen habe ich mich auf den Weg durch die Acht Wagons gemacht um den Ausstieg nicht zu verpassen. Am Fahrrad angekommen alles wieder Rückwärts. Bei der Aktion das Rad abschließen und ausfädeln waren fremde Hände hilfreich. Vor dem Bahnhof Spandau wieder in die Klick Schuhe, Licht montiert und los ging es, noch 13 Km zur Wohnung meines Bruders. Es war inzwischen 21:45. Milde Temperaturen und Ortskenntnisse sind von Vorteil. Nach dem Frühstück bin ich jeden Tag die 6 Km zu meinen Eltern geradelt und gegen 16:00 / 17:00 habe ich mir erlaubt Berlin mit dem Rad zu erkunden. Ich war schon mehrmals mit dem Rad in Berlin unterwegs und muss sagen, dass Berlin die beste Infrastruktur für Fahrradfahrer hat. GoogleMaps und Komoot navigieren auch für das Rad optimierte Routen. Beim Autofahren herrscht auf den Straßen hauen und stechen. Umso mehr war ich überrascht, dass die meisten Autofahrer die Radler gewähren lassen und sogar Rücksicht nehmen. Wenn man durch die riesige Innenstadt unterwegs ist bilden sich schnell Radler Gruppen von bis zu 12 Leuten. Und man fährt halbwegs im Verbund von Ampel zu Ampel. Sehr schön sind auch die Strecken mitten in Berlin die an der Spree, Landwehrkanal durch Parks und Grünanlagen führen. Der gefahrene Schnitt ist natürlich deutlich geringer als bei uns auf dem Lande. Man sollte die Geschwindigkeit an die Verkehrssituation anpassen. Es sind in der einen Woche mehr als 300 Km Großstadtradeln zu Stande gekommen. Die unglaubliche Vielfalt an kulinarischen Möglichkeiten und auch Bänke laden zum Verweilen ein. Mehrmals zog es mich zum Bergmann Kietz und dem Kollwitz Platz. Ein Km fressen ist hier nicht angesagt. Das Rad ist im Sommer eine ideale Möglichkeit die Stadt in ihrer Dimension und Vielfältigkeit zu erkunden. Zu Fuß ist man zu sehr auf die Hotspots beschränkt. Ick find Bärlin is irre.
Für die Rückfahrt habe ich mich für das 6 Km entfernte Südkreuz entschieden. Der Vorteil ist, dass der Zug hier startet und ich für das Rad freie Wahl habe. Der Zug steht auch länger im Bahnhof und ich kann auf dem Bahnsteig zu meinem reservierten Platz im Wagen Eins laufen. Die letzten Stationen vor Düsseldorf sind Essen und Duisburg. Folgende Strategie kam zum Einsatz: Nach Verlassen des Essener Bahnhof, Vorbereitung fürs Aussteigen ohne Rad. In Duisburg Aussteigen, acht Wagen nach vorne laufen und wieder einsteigen. Dann Rad ausfädeln und für das Aussteigen vorbereiten. In Düsseldorf wie beschrieben Schuhe wechseln und 22 Km nach Schiefbahn.
Das Preis-Leistungs-Verhältnis im FlixTrain ist unschlagbar. Ich würde es nächstes Mal wieder so machen.
Helmut von der Löns